Rotes Bor
Krasny Bor (rotes Wäldchen)
Fast eine Kindheitserinnerung
„Krasny Bor“ heißt auf Russisch rotes Wäldchen. Wie ich hörte, sind es meist Kiefernhaine. Rötliche Stämme hoch gewachsen und erst weit oben nadelig aufgespannte Astgebilde. Bizarr, fast mondän erscheinen sie zwischen Himmel und Boden, mattenhaft, federnd im Sommer, blendend im Winter, wo zwischen Ihnen Wolldecken hängen, vergessen und hartgefroren.
Nordöstlich von St. Petersburg besuche ich im März ein geichnamiges Dorf. Es liegt zwischen dem Ladogasee und dem Onegasee. Hier gibt es keine Wasserleitung und keine zentral geregelte Heizung.
Überhaupt liegen die zweihundert Jahre alten Holzhäuser zu dieser Jahreszeit noch immer fast komplett verschneit, fast unbewohnt, fast unwirklich, fast vergessen in einer weiten und stillen Landschaft.
„Fast eine Kindheitserinnerung“, kommt mir ins Bewusstsein. Mein Vater erzählte mir gerne
Geschichten aus Russland, die er erfunden oder während seiner Kriegs- und Gefangenenjahre erlebt hatte. Kurz vor dem Einschlafen, wenn ich Mittagsruhe halten sollte und er Büropause hatte zwischen zwei und drei Uhr nachmittags versickerte oft seine Stimme mitten im Satz und es kam mir unheimlich und fern vor wie er manchmal erschöpft vor mir einschlief, doch nun kommt mir fast wie aus dem Schlaf gerissen diese Landschaft, das Dorf „Krasny Bor“ so vertraut und nah vor als würde ich es schon lange kennen und nicht gerade zum ersten mal sehe.
Über diese Arbeit erschien 2008 anlässlich der 19. Internationalen Photoszene in Köln ein 16 seitiges Heft.
Dank an Sergej Dorovenko, Kolja, Irene und Andreas Fischer(www.illufisch.de), beau bureau (www.beau.bureau.de), Georgios Michaloudis (Farbanalyse), Köln 2008